Konzept

Mit der Vorlage der ersten Genomsequenz eines Organismus (Haemophilus influenzae) im Jahr 1995 wurde eine neue Etappe in den Naturwissenschaften eingeleitet. Man ist nunmehr in der Lage, das Leben eines Organismus in seiner Vollständigkeit zu analysieren und zu begreifen. Seither sind die Genomsequenzen vieler Organismen entschlüsselt worden (von weiteren Mikroorganismen über Pflanzen bis zum Menschen).

In der Folge ist die funktionelle Genomforschung gefragt, "diesen Bauplan des Lebens in das Leben selbst" umzuschreiben. Das Terminalereignis der Genexpression ist in der Regel die Synthese aktiver Proteine. Daher muss der Genomanalyse nun eine entsprechende Proteomanalyse folgen. Das Proteom liefert neben Aussagen zur Expression der Gene auch Aussagen zur Aktivität der Proteine, zu posttranslationalen Modifikationen, zur Schädigung bzw. zum Abbau von Proteinen sowie zum "Targeting", d.h. zum Bestimmungsort der Proteine. Viele Fragen in der Biologie und Medizin sind nunmehr aus dem Blickwinkel der funktionellen Genomanalyse neu zu betrachten.

 

Funktionelle Genomanalyse mit dem Hauptfeld "Proteomics" ist wie kaum eine andere Wissenschaft multidisziplinär, methodisch außerordentlich vielseitig sowie apparativ höchst aufwändig. Aus diesem Grund geht der Trend zur Gründung von Kompetenzzentren für Proteomics, die einer großen Gruppe potentieller Nutzer zur Verfügung stehen. Diesem Trend der fachübergreifenden Ressourcenbündelung folgend wurde 2004 das ZIK-FunGene gegründet, das vom BMBF großzügig gefördert (Unternehmen Region) und von Mikrobiologen und Medizinern gleichermaßen getragen wird. In diesem interfakultären Zentrum ergibt sich die Chance, die an einfachen Modellorganismen erprobten Kenntnisse und ausgereiften Techniken der funktionellen Genomanalyse auf das deutlich komplexere System "Mensch" zu übertragen.

 

Der Forschungsfokus des ZIK-FG umfasst drei Hauptfelder: In der mikrobiologischen Arbeitsgruppe (Kernbereich A) steht ein systembiologischer Ansatz im Fokus, der unter Einsatz der Proteomanalyse zu einem umfassenden Verständnis der Physiologie bakterieller Wachstumsprozesse führen soll. Der Kernbereich B hat bakterielle Infektionsprozesse (Wechselwirkung zwischen pathogenen Bakterien und Mensch) im Blickpunkt. Die Erkenntnisse aus der funktionellen Genomanalyse werden genutzt, um bakterielle Infektionskrankheiten besser verstehen und bekämpfen zu können. Damit wird eine solide Brücke zwischen Mikrobiologie und Medizin und eine inhaltliche Klammer zwischen den Kernbereichen A und C errichtet. Die dritte Säule beschäftigt sich mit der funktionellen Genomanalyse in der molekularen Medizin (Kernbereich C). Mit Hilfe der Proteomanalyse werden krankheitsrelevante Proteine in Seren und Gewebeproben identifiziert.