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Instabilität des kraniozervikalen Übergangs

Krankheitsbild

Der kraniozervikale Übergang besteht aus der Verbindung zwischen dem Kopf mit Gelenkflächen am Hinterhaupt und den ersten beiden Halswirbel. Zusätzlich finden sich ein komplexer Bandapparat und eine kräftige Muskelführung. Störungen in diesen Strukturen führen zu einer Instabilität mit Schmerzen und möglicherweise auf neurologischen Störungen wie Lähmungen und Verlust des Körperempfindens.

 

Ursache hierfür können unfallbedingte Verletzungen des Knochens oder des Bandapparates, entzündliche Erkrankungen wie z.B. eine Rheumatoiderkrankung, angeborene Fehlbildungen oder auch Tumorerkrankungen sein.

 

Ziel der Behandlung ist eine Wiederherstellung der Stabilität der Verbindung zwischen Kopf und Halswirbelsäule. Einen Überblick über die einzelnen Krankheitsbilder entnehmen Sie bitte der folgenden Aufstellung.

 

 

Fraktur des 2. Halswirbels (Dens axis)

Die Einteilung der Frakturen erfolgt nach der Klassifikation von Anderson und D‘Alonzo (Anderson, & D'Alonzo, 1974 (56(8)). Bei Abbruch der Spitze des Zahnfortsatzes (Typ I nach Anderson und D’Alonzo) ist keine operative Behandlung notwendig. Ist der Zahnfortsatz in der Mitte gebrochen (Typ II) ist eine Versorgung mittels einer Zugschraube möglich (Abb. 1-4). Frakturen des Typs III, die in den Wirbelkörper des 2. Halswirbels hineinziehen, werden durch eine dreimonatige Ruhigstellung in einen Halo-Fixateur behandelt. Alternativ ist eine hintere Stabilisierung möglich (Abb. 5-8).

 

 

Abb. 1: Fraktur des Zahnfortsatzes des 2. Halswirbels (Dens axis, Typ II) im CT

 

Abb. 2: Densfraktur Typ II mit Zugschraubenosteosynthese

 

Abb. 3: seitliches Röntgenbild nach Zugschraubenosteosynthese mit verheilter Fraktur

 

Abb. 4: Aufnahme der verheilten Fraktur durch den geöffneten Mund (transoral)

 

Abb. 5+6: CT einer Densfraktur Typ III koronar und sagital

 

Abb. 7: CT einer Densfraktur Typ III koronar 3 Monate nach dorsaler Stabilisierung mit sicher eingeheiltem Knochenspan

 

Abb. 8: CT einer Densfraktur Typ III sagittal 3 Monate postoperativ mit einliegendem Fixateur interne

 

Instabilität C1/2 bei Rheumatoidarthritis, Denspseudarthrose, Zerreißung der Flügelbänder (Ligg. alaria) und Fehlbildungen

Kommt es infolge einer chronischen Entzündung wie z.B. bei der Rheumatoidarthritis oder auch bei der seltenen Zerreißung der Flügelbänder zu einer Instabilität der Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel, resultieren daraus häufig Schmerzen aber bei Fortschreiten der Erkrankung auch Schäden am Rückenmark bis hin zur Lähmung der Arme und der Beine.

 

 

Pseudarthrosebildungen des Zahnfortsatzes (falsches Gelenke infolge nicht richtig ausgeheilter Knochenverletzung) führen in der Regel nur zu Schmerzen, nur bei schwerer Fehlstellung besteht hier die Gefahr von Rückenmarksschäden.

 

 

Eine Behandlung erfolgt hier mittels dauerhafter Versteifung der Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel. Hierzu setzen wir zwei verschiedene Techniken ein. Zum einen die Verschraubung direkt durch das Gelenk zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel (transartikuläre Stabilisierung nach Magel (Magerl & Seemann, 1986) mit/ohne Atlashaken (Abb. 10 und 11-15) und dorsaler Knochenanlagerung. Diese Technik eignet sich vor allem bei zusätzlichen Schäden an den hinteren Strukturen der Wirbel und bei leicht nach vorn verschobenem erstem Halswirbel. Der Knochen für die hintere Anlagerung wird meist aus dem Beckenkamm entnommen. Bei ca. 10%  der Patienten ist diese Technik aufgrund des Verlaufs der Wirbelsäulenarterie nicht einsetzbar. Hier kann auf eine translaminäre Verankerung der Schrauben im Wirbelbogen des zweiten Halswirbels ausgewichen werden (Abb. 16). (Gorek, Acaroglu, Berven, Yousef, Puttlitz, 2005 Jul 1;30(13)

 

 

 

Abb. 10: Stabilisierung desselben Patient mittels transartikulärer Verschraubung nach Magerl, Atlashaken und Knochenspananlagerung 

 

Abb. 11: Instabilität zwischen dem 1. und 2. Halswirbel bei Rheumatoidarthritis, zum Zeitpunkt der Vorstellung nur Nackenschmerzen

 

Abb. 12: Derselber Patient wie Abb. 11, drei Monate später mit akuter inkomplette Lähmung von Armen und Beinen

 

Abb. 13: unmittelbar nach Stabilisierung des 1. und 2. Halswirbels mittels Magerl-Schrauben, Entfernung des Wirbelbogens zur Erweiterung des Spinalkanals und Anlagerung von Knochen

 

Abb. 14: Rückbildung der entzündlichen Veränderungen im Bereich des Zahnfortsatzes nach 6 Wochen (links) und 14 Wochen (rechts)

 

Abb. 15: Solide knöcherne Ausheilung 9 Monate nach Stabilisierung mittels Magerl-Schrauben

 

Abb. 16: Stabilisierung einer Denspseudarthrose mittels Massa lateralis-Schrauben bei HWK 1, Laminaschraube bei C2 und dorsaler Knochenspananlagerung

 

Hangman‘s-Fracture

Bei dieser Verletzung wird durch ein massives Überstrecken der Kopf-Hals-Verbindung, z.B. durch einen Sturz oder durch einen Auffahrunfall ohne Schutz durch Kopfstützen ausgelöst. Ähnliche Verletzungen wurden nach Hinrichtung durch Erhängen gefunden, was die etwas makabre Namensgebung erklärt. Korrekter kann die Verletzung als unfallbedingtes Wirbelgleiten (traumatische Spondylolisthesis) bezeichnet werden. Man unterscheidet in der klassischen Einteilung nach Effendi (Effendi, Roy, Cornish, Dussault, Laurin, 1981;63-B(3) drei Formen.


In der einfachsten kommt es nur zum Bruch des Knochens am Übergang zwischen dem Wirbelkörper und den Gelenken (Effendi I). Hier ist als Behandlung eine sichere Ruhigstellung für 8-12 Wochen und eine regelmäßige Kontrolle der Stellung erforderlich.


Kommt es zu einer Verschiebung der Fragmente mit Verletzung der  Bandscheibe und/oder des vorderen Längsbandes spricht man von einem Typ II nach Effendi. Diese Fraktur ist instabil. Hier ist eine sichere Stabilisierung durch einen äußeren Fixateur (Halo-Fixateur)  oder auch eine operative Fixierung  notwendig.  Bei vollständiger Zerreißung von vorderem Längsband und Bandscheibe ist eine Kombination aus vorderer Stabilisierung mittels Verplattung und einer Ruhigstellung erforderlich.
Ein elegantes Verfahren zur Rekonstruktion dieser Verletzung und Vermeidung der längerdauernden Ruhigstellung ist die Zugschraubenosteosynthese nach Judet (Judet, Roy-Camille, Saillant, 1970). In unserem Haus verwenden wir für den technisch anspruchsvollen Eingriff eine Kombination aus intraoperative 3D –Datenerhebung mittels eines speziellen Bildwandler (Siemens Arcadis Orbic 3D)  und spinaler Neuronavigation (Fa. Brainlab). Dieses Verfahren gestattet eine exakte Schraubenpositionierung bei gering invasivem Vorgehen.


Abb. 17: Bild nach Versorgung einer hangman’s fracture mittels Zugschraubenosteosynthese nach Judet (Judet, Roy-Camille, Saillant, 1970)

 

Abb. 18:  Bild eines Patienten mit frischer und ausgeheilter Hangman’s-Fracture nach Judet-Verschraubung im CT-Bild

 

Abb. 19: 3D-Rekonstruktion

 

Liegt zusätzlich eine Zerreißung der Wirbelgelenke zum 3. Halswirbel vor, spricht man von einer Typ-Verletzung nach Effendi. Hier ist eine Reposition der Wirbelsäule mit vorderer Versteifung der Verbindung zwischen dem 2. und 3. Halswirbel mit zusätzlicher Ruhigstellung oder direkte Rekonstruktion mittels Zugschraubenosteosynthese nach Judet erforderlich.

 

Abb. 20: Rekonstruktion einer Densfraktur Typ II nach Anderson und D’Alonzo in Verbindung mit einer Hangman’s-Fracture bei einem Patienten nach Treppensturz

 

Literaturverzeichnis

  • A. L., & D'Alonzo, R. (1974 (56(8)). Fractures of the odontoid process of the axis. J Bone Joint Surg Am., 1663-74.
  • Effendi, B., Roy, D., Cornish, B., Dussault, R., & Laurin, C. (1981;63-B(3). Fractures of the ring of the axis. A classification based on the analysis of 131 cases. J Bone Joint Surg Br., 319-27.
  • Gorek, J., Acaroglu, E., Berven, S., Yousef, A., & Puttlitz, C. (2005 Jul 1;30(13). Constructs incorporating intralaminar C2 screws provide rigid stability for atlantoaxial fixation. Spine (Phila Pa 1976)., 1513-8.
  • Judet, R., Roy-Camille, R., & Saillant, G. (1970). Fractures du raches cervical. Actual ChirOrthop Hospital Raymond-Poincaré 8, 394-400.
  • Magerl, F., & Seemann, P. (1986). Stabile posterior of the atlas and axis by tansarticular screw fixation. In W. A. Kehr P, Cervical spine I (S. 322–327). Wien New York: Springer.


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