Nach Berndts Tod wurde die Anstalt von seinen Nachfolgern auf dem Lehrstuhl für Innere Medizin geleitet: ab 1855 von Felix Niemeyer (1820-1871), ab 1860 von Hugo Rühle (1824-1888) und ab von 1864 Friedrich Mosler (1831-1911). Keiner von ihnen vermochte jedoch entscheidende Akzente zu setzen, bis Mosler die psychiatrischen Vorlesungen 1867 an den gerade für Psychiatrie und Neuropathologie habilitierten Rudolf Gottfried Arndt (1835-1900) (Abb.2) abgab [4]. Erst nach längerem Bemühen wurde Arndt 1873 als Extraordinarius und 1875 zum selbständigen Direktor der „communalständischen Irren-Heil-Anstalt“ ernannt. Damit war formal die Unabhängigkeit des Faches Psychiatrie von der inneren Medizin vollzogen [12,8].
Die Anstalt genügte zu dieser Zeit sowohl aus therapeutischen als auch aus Sicherheitsaspekten in keiner Weise mehr den Anforderungen. Deshalb versuchte Arndt den Neubau einer Irrenklinik zu forcieren. Gleichwohl fanden sich in der Verhandlung mit der Stadt Diskrepanzen und seitens der Provinz Pommern gab es nach dem Neubau einer großen Anstalt in Lauenburg in Hinterpommern keinen aktuellen Bedarf. Letzteres führte 1889 zu einem Besitzerwechsel und der Übernahme des nunmehr „Psychiatrische Klinik“ genannten Gebäudes (Abb.3) durch die Universität, half jedoch den unhaltbaren Zuständen nicht ab. Auch bei den Verhandlungen zum Bau eines weiteren Anstaltsneubaus seitens der Provinz Pommern erhielt Treptow an der Rega 1896 den Zuschlag. Greifswald ging wiederum leer aus, womit Arndts Bemühungen letztlich gescheitert waren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese großen Anstalten entgegen den Lehrinteressen an der Universität vor allem der Unterbringung unheilbar Kranker vorbehalten waren. Die Entscheidung zu einem Klinikneubau in Greifswald fiel erst nach Tod Arndts 1901 [3].
Zugleich blieben Arndts Therapieansätze den Traditionen der alten Anstaltstherapie verhaftet [4]. Wissenschaftlich erlangte er zwar durch das auf Grundlage seiner interdisziplinär-naturwissenschaftlich orientierten Forschungen zusammen mit dem Greifswalder Pharmakologen Hugo Schulz (1853-1932) aufgestellte „biologische Grundgesetz“ Bekanntheit, jedoch fand sein davon ausgehendes Ansinnen, die Psychiatrie auf eine wissenschaftlich-biologische Basis zu stellen, in Fachkreisen wenig Anklang, da seine Reduktion der Psychopathologie auf physiologische und pathophysiologische Vorgänge letztlich wieder zu dem damals bereits überwundenen Konzept der Einheitspsychose führte. Ein Ordinariat blieb ihm auch deshalb verwehrt. Somit kam es insgesamt betrachtet ab Mitte der 1880er Jahre es zu einer Stagnation bezüglich der Weiterentwicklung des Fachgebietes [12,13].