Kernbereich C
Proteomics in die molekulare Medizin
Die Abteilung für Funktionelle Genomforschung der Medizinischen Fakultät wurde im Jahr 2002 mit dem Ziel gegründet, die Expertise und die exzellente technische Ausstattung, die im Institut für Mikrobiologie im Feld der Funktionellen Genomforschung, insbesondere aber in Proteomics, vorhanden war, auch für forschungsstarke Arbeitsgruppen der Medizinischen Fakultät verfügbar zu machen. Aus heutiger Sicht wird deutlich, dass dieses Konzept erfolgreich umgesetzt werden konnte. Vor allem durch die weitere Profilierung der Expertisen durch die Einrichtung von Nachwuchsgruppen im Rahmen des ZIK-FunGene und die Einbindung in das Interfakultäre Institut für Genetik und Funktionelle Genomforschung am Campus der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät konnte eine für deutsche Verhältnisse noch relative seltene interfakultäre Struktur geschaffen werden, in der eine sehr effektive Nutzung der vorhandenen Ressourcen und ein reibungsloser und intensiver Erfahrungsaustausch von Arbeitsgruppen beider Fakultäten erreicht wird. Die Abteilung ist Bindeglied in verschiedenen fakultätsübergreifenden Forschungsverbünden und zwischen den Forschungsdepartments der Medizinischen Fakultät. In Forschungskooperationen wird über eine angegliederte Core Facility Funktionelle Genomforschung 10 Instituten und 7 Kliniken der Zugang zu den modernen Technologien der Funktionellen Genomanalyse ermöglicht.
Dabei reicht das Spektrum der eingesetzten Methoden von der genomweiten Analyse von Einzelnukleotidpolymorphismen (single nucleotide polymorphism-SNP) zur Bestimmung der genetischen Prädisposition für Krankheiten über die Aufnahme von Expressionsprofilen bis hin zu gel-basierten und gel-freien Proteomanalysen, die eine umfassende vergleichende Analyse von Patientenproben, Zelllinien oder Proben aus Tierversuchsexperimenten erlauben. In diesen Forschungsprojekten mit Gruppen der Medizinischen Fakultät und Partnern außerhalb von Greifswald profitiert die Abteilung vor allem von dem Mix von Projekten, in denen auf der einen Seite mit einfachen bakteriellen Modellsystemen und auf der anderen mit in begrenzter Menge zur Verfügung stehendem Patientenmaterial gearbeitet wird. So wird es möglich, mit den einfachen Modellsystemen die Methodenentwicklung und Optimierung zu betreiben und diese dann auf die Analyse komplexer humaner Proben anzuwenden.
Die bearbeiteten Fragestellungen reichen von systembiologischen Ansätzen mit dem Modellorganismus Bacillus subtilis über infektionsbiologische Forschungsfragen bis hin zur Charakterisierung von Patientenpopulationen beispielsweise mit Dilatativer Kardiomyopathie oder Johannson Blizzard Syndrom.
Besonders intensive Forschungsbeziehungen wurden zum Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin, zu den Kliniken für Innere Medizin A, B und C und zum Institut für Pharmakologie aufgebaut.
In den Kooperationen mit dem Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin werden Expressionsprofiling und Proteomanalysen zur Analyse der Immunantwort bzw. zur Charakterisierung pharmazeutischer Blutprodukte eingesetzt. Gerade die Proteomanalyse pharmazeutischer Blutprodukte ist ein aussichtsreiches Anwendungsfeld, in dem in verschiedenen Forschungskooperationen mit externen Industriepartnern bzw. mit Herstellern von Blutprodukten wie den DRKs wichtige Befunde zum Einfluss von Lagerungs- und Produktionsprozessen auf Blutprodukte geliefert werden konnten. Durch eine Reihe von Publikationen in transfusionsmedizinischen
Journalen konnte so in Greifswald eine Art Markenzeichen aufgebaut werden.
Ziel der Untersuchungen, die gemeinsam mit dem Institut für Pharmakologie ausgeführt werden, ist es, durch den Einsatz der Techniken der Funktionellen Genomanalyse zu einem besseren Verständnis der komplexen Wirkung
von Pharmaka zu gelangen, wobei insbesondere Medikamente aus den Bereichen kardiovaskulare Medizin und Onkologie im Vordergrund des Interesses stehen.
Die Forschungskooperationen mit verschiedenen Kliniken des Universitätsklinikums dienen vor allem der Abschätzung der molekularen Wirkung von Therapieansätzen und der Einteilung von Patientenkohorten mit dem Ziel der Identifikation von Subgruppen, die von spezifischen
Therapieoptionen profitieren, beispielsweise im SFB-TRR34 Inflammatorische Kardiomyopathie Molekulare Pathogenese und Therapie.
Besonders hervorzuheben ist die immer engere Verbindung von Funktioneller Genomforschung mit dem für die Greifswalder Medizinische Forschung prägenden Schwerpunkt der Community Medicine. Zentrales Werkzeug des Forschungsverbundes Community Medicine ist die seit 12 Jahren durchgeführte Study of Health in Pomerania (SHIP), die an 4310 Probanden die Prävalenz und Inzidenz häufiger Risikofaktoren, subklinischer Veränderungen und manifester Erkrankungen untersucht. Die Kombination aus umfassenden, qualitativ hochwertigen und longitudinalen Informationen zu Risikofaktoren, subklinischen und manifesten Erkrankungen in SHIP einerseits und vorhandener innovativer Technologie der exzellent ausgestatteten Proteomplattform andererseits schafft in Greifswald einzigartige Voraussetzungen, um das Gebiet der Individualisierten Medizin zu entwickeln.
Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Erweiterung der SHIP-Untersuchungen, um eine genomweite Genotypisierung, eine NMR-gestützte Metabolomanalyse von Körperflüssigkeiten und eine Ganzkörper-MRT-Untersuchung, die im Rahmen eines von der Siemens AG und dem Land Mecklenburg-Vorpommern finanzierten Kooperationsprojekt mit einem Budget von 8 Mio Euro durchgeführt wird. In dieses Kooperationsprojekt sind die Abteilung für Funktionelle Genomforschung und die Nachwuchsgruppe Transkriptomics zentral eingebunden.
Mit diesem neuen, außergewöhnlichen Datensatz wird es in Kombination mit den bereits vorhandenen phänotypischen SHIP-Daten möglich sein, für in
Mecklenburg/Vorpommern besonders häufige Erkrankungen wie Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes mellitus Kohorten exakt zu beschreiben und als Basis für einen Individualisierungsansatz in der Therapie zu verwenden.
Dieser Ansatz soll gezielt weiterentwickelt werden, um durch die immer engere Verbindung der vorhandenen Expertise in Funktioneller Genomforschung, insbesondere Proteomics, und der Community Medicine neue innovative diagnostische Verfahren und Algorithmen für die Individualisierte Medizin zu erschließen.