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Von einem Hydrocephalus spricht man, wenn das Liquorvolumen (Liquor cerebrospinalis = Nerven- o. Hirnwasser) auf Kosten des Hirnvolumens zunimmt.
Der Liquor wird vor allem in den Ventrikeln (=Hirnkammern) im sogenannten Plexus choroideus gebildet. Im Gehirn gibt es 4 Hirnkammern, die miteinander über Foraminae (=Löcher) und den Aquädukt (=Kanal) kommunizieren. Das Hirnwasser umspült auch die Außenseite von Gehirn und Rückenmark und wird dann in den Blutstrom abgegeben. Die Bildung und der Abfluss von Liquor stehen im Gleichgewicht zueinander. Wird dieses ausgeglichene Verhältnis gestört, entwickelt sich ein Hydrocephalus.
Wenn sich der Liquor staut, kommt es zu einer Drucksteigerung. Die Ventrikel vergrößern sich und das Hirngewebe steht unter Spannung, wodurch die Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Hirns beeinträchtigt werden. Bei kleinen Kindern bis zu einem Jahr wirkt sich der erhöhte Liquor-Druck auf das Schädelwachstum (Größenzunahme des Kopfes) aus, da die Schädelknochen auseinander gedrängt werden.
Hirndruckzeichen:
- Kopfschmerzen, Nackenschmerzen (anfangs meist morgens)
- Übelkeit, Erbrechen (anfangs morgendliches Nüchternerbrechen)
- Sehstörungen (?Stauungspapillen?, Doppelbilder)
- Müdigkeit, Bewusstseinsstörungen, Krämpfe
- beim Säugling Unruhe, verändertes Trinkverhalten, ausdauernd schrilles Schreien, gespannte Fontanellen
HAKIM-Trias: (typisch bei Normaldruckhydrocephalus)
- Gangunsicherheiten (kleinschrittig, breitbasig, ?wie auf Watte?)
- Demenz und Wesensveränderungen (Vergesslichkeit, Verlangsamung, verstärkter Reizbarkeit)
- Blasen- und Stuhlinkontinenz
Andere Symptome:
- Parkinsonsymptomatik
- Augenmotilitätsstörungen (Schielen, ?Sonnenuntergangsphänomen?, Gesichtsfeldausfälle), Sehschärfenminderung bis zur Erblindung
- Probleme der Auge-Hand-Koordination mit Feinmotorikstörungen
- Schwindel, Leistungsknick, Konzentrationsstörungen
- Entwicklung von Lernschwäche bei Kindern
- Änderungen der Persönlichkeit, Verhaltensauffälligkeiten (Unruhe, Unlust, Ungeduld), Lärmüberempfindlichkeit
- Atmungs-, Sprach- und Schluckbeschwerden
- endokrinologische (Stoffwechsel-) Störungen, frühzeitige Pubertät vor dem 8. Lebensjahr (sehr selten)
- Störungen der Liquorzirkulation durch Passagebehinderungen (Zysten, Tumoren, Blutungen) = obstruktiver (Verschluss-) Hydrocephalus,
- Störungen der Liquorresorption (Entzündungen, Blutungen, Hirnverletzungen)
Ein Hydrocephalus kann auch angeboren sein. Ursachen sind z. B. Entwicklungsstörungen im Mutterleib (Spina bifida = offener Rücken, Neuralrohrdefekte), eine Chiari-Malformation (Fehlentwicklung der Hirnstrukturen der hinteren Schädelgrube) oder ein Dandy-Walker-Syndrom (zystenartige Umbildungen im Bereich des IV. Ventrikels u. des Kleinhirns). Auch bei Infektionen der Schwangeren kann ein Hydrocephalus beim Feten entstehen. Ein Hydrocephalus kann sich ebenfalls als Folge von Hirnblutungen bei Frühgeborenen (Geburt vor der 32. SSW, Geburtsgewicht unter 1000g) entwickeln.
H. hypersecretorius | Überproduktion von Hirnwasser
| H. malresorptivus | Resorptionsstörungen des Hirnwassers
| H. occlusus = Verschlusshydrozephalus
| Verschluss der Liquorwege | H. communicans | keine Verlegung der Liquorwege, Resorptionsstörungen
| H. internus | Erweiterung der inneren Liquorräume
| H. externus | Erweiterung der äußeren Liquorräume
| H. e vacuo | Atrophie (Masseabbau des Hirns)
| Aktiver H. | Hydrocephalus mit Drucksteigerung |
- Computertomografie
(plumpes erweitertes Hirnkammersystem, frontal (vorn) betonte Dichteminderung in Ventrikelnähe = ?Druckkappen?, verstrichene Hirnfurchen); - Magnetresonanztomografie (zeigt mögliche Ursachen wie Tumoren, Septierungen, Zysten, Verengungen oder Verschlüsse);
- Hirndruckmessung (Messung des Drucks im Hirn durch Sonden);
- Ultraschall (bei Kindern durch die Fontanellen oder dünnen Schädelknochen gut zu bewerkstelligen, günstig, da keine Belastung mit Röntgenstrahlen, Aussagen zur Ventrikelweite und Verlaufskontrollen sehr gut möglich, Ursachen des Hydrocephalus können dargestellt werden),
- TAP-Test = Liquorablasstest (über eine Lumbalpunktion = Entnahme von 30-50 ml Nervenwasser aus dem Wirbelkanal, anschließend wird der Pat. neurologisch untersucht, insbesondere das Gangbild wird getestet);
- Infusionstest (durch Änderung des Volumens durch Zugabe von Flüssigkeit von außen in das Liquorsystem wird Anpassungsfähigkeit des Systems an veränderte Volumina und Drücke getestet);
- Andere Untersuchungen (neuropsychologische Tests, Hirnultraschall)
Unbehandelt führt der Hydrocephalus zu schweren Funktionsdefiziten infolge der irreversiblen Nervenzellschädigung. In seltenen Fällen besteht Lebensgefahr.
Wenn es möglich ist, wird die Ursache eines Hydrocephalus (z. B. ein Hirntumor) operativ beseitigt. Wirksame Medikamente, die die Liquorproduktion langfristig wirksam beeinflussen, gibt es bis heute nicht.
Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten der operativen Therapie:
- Endoskopische Ventrikulostomie (ETV):
hier wird der Boden des III. Ventrikels mit Hilfe eines Endoskopes und eines Katheters eröffnet, um einen Umgehungskreislauf für den Liquor innerhalb des Ventrikelsystems zu schaffen. Eine Indikation zu diesem Operationsverfahren ergibt sich beim Verschlusshydrocephalus.
- Implantation eines Shunt-Systems:
Ein Shunt besteht aus einem Katheter (Schlauch), der ins Hirnkammersystem eingeführt wird. Verbunden ist dieser Katheter mit einem Ventil, das den Liquorabfluss reguliert. Es folgt dann ein weiterer Katheter, der im Bauchraum unter dem Peritoneum (Bauchfell) oder im rechten Herzvorhof endet und das Hirnwasser ableitet. Dieses Verfahren findet Anwendung beim kommunizierenden Hydrocephalus (Störungen der Liquorresorption).
- Externe Ventrikel- oder Lumbaldrainage:
kommt nur als vorübergehende Behandlungsmethode zum Einsatz bei plötzlichen Zirkulationsstörungen.
Die 52-jährige Patientin wurde durch Kopfschmerzen und zunehmendes Druckgefühl im Kopf auffällig. Das Druckgefühl baute sich insbesondere in liegender Position auf. Die axialen MRT-Aufnahmen zeigen eine deutliche Erweiterung der Seitenkammern und der 3. Hirnkammer. Im sagittalen MRT zeigen sich eine Einengung des proximalen Aquäduktbereiches sowie eine deutliche Vorwölbung des Bodens der 3. Hirnkammer in die präpontine Zisterne.
Die postoperativen MRT-Bilder, die 1 Jahr nach der Operation aufgenommen wurden, zeigen eine frei durchgängige Ventrikulostomie und eine rückläufige Weite der Hirnkammern. Die Kopfschmerzsymptomatik der Patientin hat sich komplett zurückgebildet. Der neurologische Befund ist unauffällig.
Die 43-jährige Patientin klagte seit mehreren Wochen über progrediente starke Kopfschmerzattacken. In der MRT-Bildgebung zeigt sich ein Verschlusshydrozephalus, der durch einen nicht kontrastmittelaufnehmenden Tumor im Bereich des Aquäduktes verursacht wird. Die Seitenventrikel und der 3. Ventrikel sind deutlich erweitert. In den sagittalen Aufnahmen erkennt man die Vorwölbung des Bodens der dritten Hirnkammer in die präpontine Zisterne und die Stauchung des Hypophysenstiels als Zeichen des Druckgradienten zwischen dritter Hirnkammer und den Zisternen. Auffällig ist, dass die Foramina Monroi sehr eng sind. Als Zugang wurde ein rechts präkoronares Bohrloch gewählt.
Die Kopfschmerzsymptomatik hat sich sofort nach der Operation zurückgebildet. Der neurologische Befund ist unauffällig. Die postoperativen MRT-Bilder zeigen eine frei durchgängige Ventrikulostomie mit starkem Flussphänomen zwischen präpontiner Zisterne und dritter Hirnkammer. Die Ventrikelweite ist deutlich rückläufig.
MRT:
Der 47-jährige Patient wurde durch ein pilozytisches Astrozytom des rechtsseitigen Thalamus auffällig. Der Tumor wurde über einen transventrikulären Zugang komplett reseziert. Einen Monat nach der Tumoroperation wurde der Patient durch eine zunehmende Gangstörung, Kopfschmerzen und Feinmotorikstörungen aufgenommen. Die MRT-Bildgebung zeigte eine massive Erweiterung des rechtsseitigen Temporal- und Occipitalhornes und der dorsalen Anteile der Cella media.
Navigation:
Zur Bestimmung des idealen Eintrittspunktes und zur intraoperativen Orientierung erfolgte die Operation unter neuronavigatorischer Führung.
Postoperativ haben sich die Beschwerden sehr gut zurückgebildet. Die postoperativen MRT-Aufnahmen zeigen eine deutlich rückläufige Ventrikelweite sowie die weit offene Septostomie.
Bei dem ein Jahr alten Jungen handelt es sich um ein ehemaliges Frühgeborenes, das durch einen posthämorrhagischen Hydrozephalus auffällig wurde. Im Alter von 3 Monaten erfolgte die Anlage eines ventrikulo-peritonealen Shunts. Im weiteren Verlauf entwickelte sich dann ein progredienter isolierter 4. Ventrikel. Die sagittalen MRT-Aufnahmen zeigen die deutliche Erweiterung des 4. Ventrikels mit Kompression des Hirnstammes gegen den Clivus. Die flusssensitiven T2-gewichteten Aufnahmen zeigen keinen Fluss im Bereich des Aquäduktes. Die klinische Untersuchung des Jungen ergab eine psychomotorische Retardierung mit deutlichen Koordinationsstörungen.
Die postoperativen MRT-Bilder zeigen die regelrechte Lage des Stentes, der nun den 4. Ventrikel mit dem 3. Ventrikel und den Seitenkammern verbindet. Die Weite des 4. Ventrikels hat sich nahezu normalisiert. Die Hirnstammkompression ist nicht mehr nachweisbar. Trotz der psychomotorischen Entwicklungsverzögerung hat sich der kleine Patient nach der Operation neurologisch gut entwickelt.
Die 67-jährige Patientin klagte über Kopfschmerzen und eine homonyme Hemianopsie nach links. In der MRT-Untersuchung zeigte sich als Ursache eine große raumfordernde intraparenchymale Zyste, die hinter dem rechten Hinterhorn liegt. Auf den sagittalen Bildern zeigte sich die dünne Parenchymbrücke, die die Zyste vom Hinterhorn trennt. Da die Zyste symptomatisch und in den Verlaufskontrollen größenprogredient war, bestand die Indikation zur endoskopischen Zystenfensterung.
Auf den postoperativen MRT-Aufnahmen erkennt man die deutliche Zystenreduktion und die weit offene Zystoventrikulostomie. Die Hemianopsie hat sich sehr gut zurückgebildet.
Der 48-jährige Patient wurde durch Kopfschmerzen, Gangstörungen und mentalen Abbau auffällig. In der bildgebenden Diagnostik zeigt sich ein Verschlusshydrozephalus mit deutlicher Erweiterung der beiden Seitenventrikel und der 3. Hirnkammer. Als Ursache für den Hydrozephalus findet sich ein kontrastmittelaufnehmender Tumor im Bereich der Pinealisregion. Durch die deutliche Erweiterung der Hirnkammern ist der Hirnstamm nach kaudal verlagert. Der Boden der 3. Hirnkammer wölbt sich in die präpontine Zisterne vor. Die flussempfindliche Inversion-Recovery-Sequenz zeigt keinen Fluss im Bereich des Aquäduktes.
Postoperativ hat sich die Symptomatik rasch zurückgebildet. Die MRT-Aufnahmen, die 4 Monate nach der Operation durchgeführt wurden, zeigen eine deutliche Reduktion der Ventrikelweite. Die Hirnstammposition hat sich normalisiert. Die flussempfindliche Inversion-Recovery-Sequenz zeigt ein starkes Flussphänomen im Bereich der Ventrikulostomie. Die histologische Diagnose ergab ein atypisches Plexuspapillom. Der Tumor wurde später über einen infratentoriellen suprazerebellären Zugang mikrochirurgisch entfernt.
Die 70-jährige Patientin war durch langsam progrediente Gangstörungen, Übelkeit und intermittierende stechende bifrontale Kopfschmerzen auffällig geworden. Kurz vor der Aufnahme kam es zu einer akuten Verschlechterung mit akutem Psychosyndrom, Dysarthrie und einer Armparese links. Die bildgebende Diagnostik ergab eine unilaterale Erweiterung der rechten Seitenkammer, die durch eine kontrastmittelaufnehmende Läsion im Bereich des Foramen Monroi rechts verursacht wurde. Eine zweite kontrastmittelaufnehmende Läsion zeigte sich vor dem rechten Vorderhorn.
Postoperativ hat sich die Hirndrucksymptomatik vollständig zurückgebildet. Die postoperativen MRT-Aufnahmen zeigen die weite Septostomie sowie eine deutliche Reduktion der Weite des rechten Seitenventrikels. Die histologische Diagnostik ergab ein Lymphom. Die weitere onkologische Behandlung wurde eingeleitet.
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