Hypophysentumoren - Allgemeines
Krankheitsbild
Hypophysentumoren sind nahezu immer gutartige Tumoren, die von Zellen der Hirnanhangsdrüse ausgehen. Hypophysentumoren wachsen langsam und fallen entweder durch eine Hormonstörung oder durch eine Kompression angrenzender Nerven auf. Häufig verursachen sie durch Druck auf die Sehnervenkreuzung eine typische Einschränkung des Sehvermögens. Dieses äußert sich durch einen typischen Tunnelblick bzw. eine abnehmende Sehschärfe. Selten kommt es zu einer plötzlichen Sehstörung verbunden mit starken Kopfschmerzen durch Einblutung in den Tumor (Hypophysenapoplexie).
Hormonproduzierende Hypophysentumoren werden durch typische endokrinologische Störungen auffällig (s. Akromegalie, Morbus Cushing, Prolaktinome). Durch die entsprechende klinische Symptomatik werden diese Tumore häufig schon entdeckt, obwohl die Tumoren selbst noch sehr klein sind.
Nicht hormonproduzierende Hypophysentumoren können auch durch einen Hormonmangel (Hypophyseninsuffizienz) auffällig werden. Durch das Wachstum des Tumors wird die normale Hirnanhangsdrüse komprimiert und die einzelnen Hormonachsen können dann unterschiedlich stark gestört sein. Typische Symptome sind ein Leistungsknick, Abgeschlagenheit, vermehrtes Schlafbedürfnis, Impotenz oder Libidoverlust. Unerkannt und unbehandelt können die Hormonmangelzustände bis zum Koma bzw. Tod führen.
Diagnostik
Die Kernspintomographie (MRT) ist die Untersuchung der Wahl, um Hypophysentumoren darzustellen. Hypophysentumoren sind meist solide und nehmen i. d. R. Kontrastmittel auf. Sie können jedoch auch zystisch sein. Sehr wichtig für die Behandlung ist die hormonelle Diagnostik, um die Hormone und ihre Regulation zu bestimmen. Diese Untersuchungen werden von einem Endokrinologen (bei uns: Herrn Prof. Wallaschofski) durchgeführt. Auch nach der Operation muss jeder Patient zur endokrinologischen Testung, um den Funktionszustand der Hypophyse zu analysieren. Das ist lebenswichtig, da einige Hormonmangelzustände lebensgefährlich werden können. Schließlich werden alle Patienten beim Augenarzt vorgestellt, um Sehstörungen zu objektivieren.
Behandlung:
Bei der Mehrzahl der Hypophysentumoren ist die Operation die Therapie der Wahl. Die meisten Hypophysentumoren werden über einen Zugang durch die Nase operiert. Bei wenigen Tumoren ist eine zusätzliche Operation von oben mit Schädeleröffnung und Zugang unter dem Stirnhirn notwendig. Gelingt eine komplette Tumorentfernung, ist eine Heilung möglich. Rezidive können jedoch auch nach vollständiger Entfernung auftreten, da einige Tumoren invasiv wachsen und den angrenzenden Knochen oder venösen Blutleiter (Sinus cavernosus) infiltrieren. Nur wenn die Operation nicht möglich ist, Rezidive auftreten bzw. der Hormonüberschuss, der durch hormonaktive Tumoren produziert wird, durch die Operation nicht ausreichend gesenkt werden konnte, ist eine Strahlentherapie und/oder medikamentöse Therapie erforderlich. Lediglich bei den Prolaktinomen wird zuerst ein medikamentöser Therapieversuch unternommen. Bei Prolaktinomen ist die Operation dann indiziert, wenn die Tumoren nicht auf die medikamentöse Behandlung ansprechen oder aber die Nebenwirkung der medikamentösen Therapie so stark ist, dass diese abgebrochen werden muss.
Operationstechnik der endoskopischen endonasalen Hypophysenchirurgie
Die meisten Hypophysentumoren werden primär durch die Nase operiert. Wir bevorzugen seit Einführung der High Definition-Videotechnologie eine rein endoskopische Operationstechnik. Hierbei wird zunächst die Nase mit abschwellenden Nasentropfen behandelt, um ausreichend Platz zu bekommen. Dann erfolgt die Inspektion der Nasenhauptgänge. Man erkennt die unteren, mittleren und oberen Nasenmuscheln sowie den Übergang zum Nasenrachenraum. Aufgrund der Weitwinkeloptik und der guten Bildqualität hat man eine hervorragende Orientierung in der Nase und benötigt keine Röntgenstrahlen, um sich währen der Operation zu orientieren. Bei Rezidivoperationen oder ungünstigen anatomischen Verhältnissen verwenden wir die intraoperative Neuronavigation, um millimetergenau den operativen Zugang planen zu können. Hierdurch werden die Operationsrisiken – wie z. B. Verletzung der Hirnschlagader – deutlich reduziert (Abb. 1). Nachdem die Nasenanatomie identifiziert ist, erfolgt das Aufsuchen der Öffnung der Keilbeinhöhle. Diese findet man in der Regel im Bereich des Ansatzes der oberen Nasenmuschel. Zunächst wird die Schleimhaut im Bereich der Keilbeinhöhlenvorderwand koaguliert und dann die Keilbeinhöhle mit dem High Speed-Bohrer aufgefräst. Nachdem die Öffnung der Keilbeinhöhle in alle Richtungen mit der Stanze erweitert ist, hat man einen freien Blick auf die Sella (knöcherne Vorwölbung, in der die Hypophyse liegt). Häufig ist die Sella durch den Tumor aufgeweitet und der Boden hauchdünn. Die Keilbeinhöhlenschleimhaut wird nicht komplett entfernt, sondern nur im Bereich der Sella abgeschoben, um eine gute Pneumatisation der Keilbeinhöhle nach der Operation zu gewährleisten. Der Boden der Sella wird aufgefräst, so dass man Zugang zum Tumor hat. Dann erfolgt die Inzision der Hirnhaut. Nach der Inzision quillt in der Regel sofort typisches Adenomgewebe aus der Inzision. Nach Entnahme von Material für die histologische Untersuchung wird der Tumor dann unter endoskopischer Sicht mit Sauger und verschiedenen Küretten und Fasszangen entfernt. Insbesondere bei großen Tumoren bietet die Endoskopie den Vorteil, in jeden Winkel der Tumorhöhle sehen zu können und so eine komplette Resektion zu erreichen. Hierfür werden 30°- und 45°-Optiken verwendet, mit denen man hinter und oberhalb der Schlagader Tumor unter direkter Sicht entfernen kann. Nach kompletter Tumorentfernung und Blutstillung erfolgt die Rekonstruktion des Sellabodens. Hierfür stehen verschiedene Techniken zur Verfügung – je nachdem, wie groß der Tumor war und ob Nervenwasser während der Operation abfloss. Die von uns verwendete Operationstechnik erfordert kein Abstopfen der Nasenlöcher mit Tamponaden, so dass die Nasenatmung frei bleibt. Die postoperative Beeinträchtigung der Patienten ist durch die minimal invasive schonende Operationstechnik sehr gering, so dass die Patienten häufig bereits am 1. Tag nach der Operation kaum Beschwerden haben.
Abb 1.
A: MRT eines Patienten mit kleinem intrasellären Hypophysenadenom und ausgesprochen geringem Abstand der Haupthirnschlagadern (s. Pfeil). B: Intraoperativer Einsatz der Neuronavigation zur genauen Lokalisation der Schlagadern.
Abb 2.
A: Aufbau im Operationssaal mit Mikroskop und Endoskop. B-D: Einsatz des HD-Endoskops während einer OP.
Operationstechnik - Video
Rückfragen an Frau Dr.med. Antje Steveling, Tel.: 03834-86-6675,
E-Mail: antje.steveling@uni-greifswald.de
oder
Prof. Dr. med. Henry W. S. Schroeder, Tel.: 03834-86-6162, Fax: 03834-86-6164,
E-Mail: Henry.Schroeder@uni-greifswald.de