AG Liquorchemie

Leiterin:

Dr. med. Marie Süße
Fachärztin für Neurologie


Die Liquoranalyse ist ein wesentlicher Bestandteil der klinischen Diagnostik infektiöser und entzündlicher ZNS Erkrankungen. Hierbei ist die Detektion und Evaluation neuer Biomarker und weiterführend die Translation von Forschung in die klinische Routine von großer Bedeutung. In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit dem Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald werden potenzielle Biomarker identifiziert und hinsichtlich ihrer Verfügbarkeit, Anwendbarkeit und Nutzen in der klinischen Routine geprüft.
Des Weiteren werden klinische Fragestellungen hinsichtlich Indikationen und Ergebnissen von Lumbalpunktionen bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen, wie Patienten mit juvenilem Schlaganfall (Süße et al. 2019), epileptischen Anfällen (Süße et al. 2019) oder infektiösen ZNS Erkrankungen untersucht.
Die Arbeitsgruppenleiterin Dr. med. Marie Süße (Klinik und Poliklink für Neurologie) sowie Dr. Malte Hannich (Institut für Klinische Chemie und Labormedizin) haben die Fachqualifikation Liquordiagnostik der DGLN (Deutsche Gesellschaft für Liquordiagnostik und Klinische Neurochemie e.V.) erworben.

Mitarbeiter

Leitung

  • Dr. med. Marie Süße, Klinik und Poliklinik für Neurologie

Mitarbeiter

  • Dr. Malte Hannich, Institut für Klinische Chemie und Labormedizin
  • Dr. rer. nat. Kathrin Budde, Institut für Klinische Chemie und Labormedizin
  • Dr. med. Laura Hamann, Assistenzärztin, Klinik und Poliklinik für Neurologie
  • Dr. Christine Holbe, Assistenzärztin, Klinik und Poliklinik für Neurologie
  • Konrad Gag, Assistenzarzt, Klinik und Poliklinik für Neurologie (Doktorand)
  • Fritz Feistner, Assistenzarzt, Klinik für Neurologie (Doktorand)
  • Neels Saathof, Assistenzarzt, Klinik für Anästhesiologie - Anästhesie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin (Doktorand)
  • Zahra Khodakarami, Studentin der Humanmedizin (Doktorandin)

Projekte

Projekt 1: Freie Leichtketten Kappa

Intrathekal synthetisierten Immunglobuline werden in der klinischen Routine zum Einen über ein sogenanntes Reiber-Schema (empirisch und theoretisch begründete Hyperbelfunktion zwischen der aus dem Serum und aus dem Cerebrum stammenden Proteinfraktionen im Liquor) ausgewertet, hiermit kann eine quantitative Aussage über den Gehalt intrathekal synthetisierter Immunglobuline gemacht werden. Zum Anderen existiert die Analyse sogenannter oligoklonaler Banden (OKB) (isoelektrische Fokussierung mit nachfolgender Immunglobulindetektion). Dieses Verfahren ist sensitiver als die Analyse der intrathekalen Immunglobulinproduktion im Reiber-Diagramm und ermöglicht darüber hinaus eine qualitative Aussage bezüglich Bandenzahl und Bandenmuster. Diese Methode ist jedoch zeit- und kostenintensiv, und die Auswertung zudem abhängig vom Untersucher. Eine Alternative zur Messung von OKB ist die Detektion der Freien Leichtketten Kappa (FLC-k) im Liquor und Serum. Leichtketten vom Typ kappa sind Bestandteil der Immunglobuline und werden bei der Synthese von Immunglobulinen in B-Zellen im Überschuss gebildet. Der Nachweis von im Liquor produzierten FLC-k ist ein Nachweis einer im ZNS (intrathekal) stattfindenden Entzündung.

Wir konnten bereits zeigen, dass bei Wahl eines entsprechenden cut-offs die Bestimmung des FLC-k Verhältnisses in Serum und Liquor (FLC-k Index) die Sensitivität der OKB (bei geringerer Spezifität) erreichen kann (Süße et al., 2018).

Wir untersuchen derzeit u.a. folgende Fragestellungen:

  1. FLC-k prospektiv zur Anwendung der FLC-k als Prä-Testmethode zur besseren und kosteneffizienteren Detektion von oligoklonalen Banden
  2. Anwendung der FLC-k bei verschiedenen Erkrankungsgruppen und methodischen Fragestellungen (u.a. Wertigkeit bei grenzwertigen OKBs, Differenzierung inflammatorischer Erkrankungen zu nicht-inflammatorischen neurologischen Erkrankungen, Diagnostik bei Multipler Sklerose)

Projekt 2: Liquordiagnostik mit Schwerpunkt Epileptologie

In Zusammenarbeit mit der Abteilung für Epileptologie (Kooperation PD Dr. med. Felix von Podewils) gehören epidemiologische Analysen zu Liquorveränderungen nach epileptischen Anfällen kryptogener und autoimmuner Ursache sowie die Anwendung neuartiger Verfahren (z.B. Proteomics, micro-RNA) zu unserem Forschungsspektrum.

Nach einem stattgehabten epileptischen Anfall kommt es zu verschiedenen zeit-abhängigen Veränderungen des Liquor-Routineprofils; so kann in 4% der Patienten nach einem epileptischen Anfall eine Pleozytose im Liquor nachgewiesen werden, in 28% eine Laktaterhöhung sowie in 51% eine Erhöhung des Gesamtproteins (Süße et al. 2018). Eine Unterscheidung zwischen Veränderungen im Liquor-Routineprofil als direkte Folge eines epileptischen Anfalls und einer zugrundeliegende Ätiologie, welche die Liquorveränderungen verursacht, ist in der klinischen Routine häufig schwierig.

Es werden aktuell folgende weitere Fragestellungen bearbeitet:

  1. Zeitabhängige und Semiologie-abhängige Liquorveränderungen nach epileptischen Anfällen
  2. Wertigkeit und Indikation von Liquoranalysen nach epileptischen Anfällen zur Verbesserung der klinischen Routine-Diagnostik nach epileptischen Anfällen (Projekt: „Epi-CSF Score“)
  3. NMR und massenspektroskopische Messungen bei Epilepsiepatienten mit/ohne Medikation
  4. Occurence of antineural antibodies and long-term follow-up in patients with late-onset epileptic seizures
  5. ß-Amyloid Biomarker bei Epilepsie und epileptischen Anfällen

Projekt 3: Messqualität und Qualitätskontrolle

Ein besonderes Anliegen unserer Arbeitsgruppe ist zudem die Anwendung und Qualitätskontrolle proteinchemischer Messungen und die Etablierung einer validen Qualitätskontrolle für die Quotientendiagramme nach Hansotto Reiber in einem integrierten Liquorgesamtbefund.

  1. Method of minimal difference in quotient diagrams
  2. Protein measurement quality control on different platforms
  3. Integration of the FLC-k Reibergram in the integrated CSF profile
  4. Erhöhung der Sensitivität der Quotientendiagramme mit Hilfe des doppelten Quotienten

Projekt 4: Metabolomics

Ein weiteres Projekt unserer Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit dem Thema Metabolomics. Hier liegt der bisherige Fokus auf NMR-Messungen im Liquor. Zum einen steht hier die Suche nach neuen Biomarkern im Liquor im Fokus. Zum anderen soll eine mögliche Translation der Methodik in die Routine angestrebt werden.

Projekt 5: Simoa® SR-X Analyzer

Gefördert durch den europäischen Fond für regionale Entwicklung der europäischen Union konnte am Standort der Universitätsmedizin Greifswald ein Simoa® SR-X Analyzer der Firma Quanterix zur ultrasensitiven Messung von Biomarkern in Betrieb genommen werden.

Dieses Projekt startete als Kooperation der Klinik und Poliklinik für Neurologie sowie des Institutes für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin durch die Arbeitsgruppe Liquorchemie. Das Gerät wurde am 13.01.2021 geliefert und konnte am 04.06.2021 nach Verzögerungen aufgrund der Covid-19-Pandemie erstmalig im Rahmen eines Forschungsprojektes genutzt werden.

Mit Hilfe des Simoa® SR-X Analyzer ist unter anderem die Messung des Biomarkers „Neurofilament light chains (NFL) im Serum mit ausreichender Sensitivität möglich, so dass erstmalig ein serologischer Biomarker für Erkrankungsaktivität und Progression bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen einschließlich cerebraler Ischämien, Amyotropher Lateralsklerose, frontotemporaler Demenz, Alzheimer Demenz und Multipler Sklerose sowie Epilepsie zur Verfügung steht. Dadurch ergibt sich eine Vielzahl von aktuell laufenden und zukünftigen Studienprojekten.

Verantwortliches Studienpersonal:

Publikationen (Auswahl)

  • Süße M, Feistner F, Holbe C, Grothe M, Nauck M, Dressel A, Hannich M. Diagnostic value of kappa free light chains in patients with one isolated band in isoelectric focusing. Clin Chim Acta 2020. https://doi.org/10.1016/j.cca.2020.04.029.
  • Süße M, Hannich M, Petersmann A, Zylla S, Pietzner M, Nauck M, Dressel A. Kappa free light chains in cerebrospinal fluid to identify patients with oligoclonal bands. Eur J Neurol. 2018 Sep;25(9):1134-1139. doi: 10.1111/ene.13667. Epub 2018 May 17.
  • Süße M, Reiber H, Grothe M, Petersmann A, Nauck M, Dressel A, Hannich MJ. Free light chain kappa and the polyspecific immune response in MS and CIS - Application of the hyperbolic reference range for most reliable data interpretation. J Neuroimmunol. 2020 Jun 12;346:577287.
  • Süße M, Feistner F, Grothe M, Nauck M, Dressel A, Hannich MJ. Free light chains kappa can differentiate between myelitis and noninflammatory myelopathy. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm. 2020 Sep 18;7(6):e892.
  • Süße M, Hamann L, Flöel A, von Podewils F. Nonlesional late-onset epilepsy: Semiology, EEG, cerebrospinal fluid, and seizure outcome characteristics. Epilepsy Behav. 2019 Feb;91:75-80. doi: 10.1016/j.yebeh.2018.05.043. Epub 2018 Jun 22.
  • Süße M, Saathoff N, Hannich M, von Podewils F. Cerebrospinal fluid changes following epileptic seizures unrelated to inflammation. Eur J Neurol. 2019 Jul;26(7):1006-1012. doi: 10.1111/ene.13924. Epub 2019 Mar 1.
  • Süße M, Hannich MJ, Holbe C, Ruhnau J, von Sarnowski B, Dressel A. Intrathecal inflammation in young stroke. Acta Neurol Scand. 2019 Jul;140(1):9-16. doi: 10.1111/ane.13094. Epub 2019 Apr 17.
  • Hannich MJ, Dressel A, Budde K, Petersmann A, Nauck M, Süße M. Kappa Free Light Chains in the Context of Blood Contamination, and Other IgA- and IgM-Related Cerebrospinal Fluid Disease Pattern. Cells. 2021 Mar 11;10(3):616. doi: 10.3390/cells10030616.