Dr. med. Marie Süße
Fachärztin für Neurologie
Die Liquoranalyse ist ein wesentlicher Bestandteil der klinischen Diagnostik infektiöser und entzündlicher ZNS Erkrankungen. Hierbei ist die Detektion und Evaluation neuer Biomarker und weiterführend die Translation von Forschung in die klinische Routine von großer Bedeutung. In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit dem Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald werden potenzielle Biomarker identifiziert und hinsichtlich ihrer Verfügbarkeit, Anwendbarkeit und Nutzen in der klinischen Routine geprüft.
Des Weiteren werden klinische Fragestellungen hinsichtlich Indikationen und Ergebnissen von Lumbalpunktionen bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen, wie Patienten mit juvenilem Schlaganfall (Süße et al. 2019), epileptischen Anfällen (Süße et al. 2019) oder infektiösen ZNS Erkrankungen untersucht.
Die Arbeitsgruppenleiterin Dr. med. Marie Süße (Klinik und Poliklink für Neurologie) sowie Dr. Malte Hannich (Institut für Klinische Chemie und Labormedizin) haben die Fachqualifikation Liquordiagnostik der DGLN (Deutsche Gesellschaft für Liquordiagnostik und Klinische Neurochemie e.V.) erworben.
Intrathekal synthetisierten Immunglobuline werden in der klinischen Routine zum Einen über ein sogenanntes Reiber-Schema (empirisch und theoretisch begründete Hyperbelfunktion zwischen der aus dem Serum und aus dem Cerebrum stammenden Proteinfraktionen im Liquor) ausgewertet, hiermit kann eine quantitative Aussage über den Gehalt intrathekal synthetisierter Immunglobuline gemacht werden. Zum Anderen existiert die Analyse sogenannter oligoklonaler Banden (OKB) (isoelektrische Fokussierung mit nachfolgender Immunglobulindetektion). Dieses Verfahren ist sensitiver als die Analyse der intrathekalen Immunglobulinproduktion im Reiber-Diagramm und ermöglicht darüber hinaus eine qualitative Aussage bezüglich Bandenzahl und Bandenmuster. Diese Methode ist jedoch zeit- und kostenintensiv, und die Auswertung zudem abhängig vom Untersucher. Eine Alternative zur Messung von OKB ist die Detektion der Freien Leichtketten Kappa (FLC-k) im Liquor und Serum. Leichtketten vom Typ kappa sind Bestandteil der Immunglobuline und werden bei der Synthese von Immunglobulinen in B-Zellen im Überschuss gebildet. Der Nachweis von im Liquor produzierten FLC-k ist ein Nachweis einer im ZNS (intrathekal) stattfindenden Entzündung.
Wir konnten bereits zeigen, dass bei Wahl eines entsprechenden cut-offs die Bestimmung des FLC-k Verhältnisses in Serum und Liquor (FLC-k Index) die Sensitivität der OKB (bei geringerer Spezifität) erreichen kann (Süße et al., 2018).
Wir untersuchen derzeit u.a. folgende Fragestellungen:
In Zusammenarbeit mit der Abteilung für Epileptologie (Kooperation PD Dr. med. Felix von Podewils) gehören epidemiologische Analysen zu Liquorveränderungen nach epileptischen Anfällen kryptogener und autoimmuner Ursache sowie die Anwendung neuartiger Verfahren (z.B. Proteomics, micro-RNA) zu unserem Forschungsspektrum.
Nach einem stattgehabten epileptischen Anfall kommt es zu verschiedenen zeit-abhängigen Veränderungen des Liquor-Routineprofils; so kann in 4% der Patienten nach einem epileptischen Anfall eine Pleozytose im Liquor nachgewiesen werden, in 28% eine Laktaterhöhung sowie in 51% eine Erhöhung des Gesamtproteins (Süße et al. 2018). Eine Unterscheidung zwischen Veränderungen im Liquor-Routineprofil als direkte Folge eines epileptischen Anfalls und einer zugrundeliegende Ätiologie, welche die Liquorveränderungen verursacht, ist in der klinischen Routine häufig schwierig.
Es werden aktuell folgende weitere Fragestellungen bearbeitet:
Ein besonderes Anliegen unserer Arbeitsgruppe ist zudem die Anwendung und Qualitätskontrolle proteinchemischer Messungen und die Etablierung einer validen Qualitätskontrolle für die Quotientendiagramme nach Hansotto Reiber in einem integrierten Liquorgesamtbefund.
Ein weiteres Projekt unserer Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit dem Thema Metabolomics. Hier liegt der bisherige Fokus auf NMR-Messungen im Liquor. Zum einen steht hier die Suche nach neuen Biomarkern im Liquor im Fokus. Zum anderen soll eine mögliche Translation der Methodik in die Routine angestrebt werden.
Gefördert durch den europäischen Fond für regionale Entwicklung der europäischen Union konnte am Standort der Universitätsmedizin Greifswald ein Simoa® SR-X Analyzer der Firma Quanterix zur ultrasensitiven Messung von Biomarkern in Betrieb genommen werden.
Dieses Projekt startete als Kooperation der Klinik und Poliklinik für Neurologie sowie des Institutes für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin durch die Arbeitsgruppe Liquorchemie. Das Gerät wurde am 13.01.2021 geliefert und konnte am 04.06.2021 nach Verzögerungen aufgrund der Covid-19-Pandemie erstmalig im Rahmen eines Forschungsprojektes genutzt werden.
Mit Hilfe des Simoa® SR-X Analyzer ist unter anderem die Messung des Biomarkers „Neurofilament light chains (NFL) im Serum mit ausreichender Sensitivität möglich, so dass erstmalig ein serologischer Biomarker für Erkrankungsaktivität und Progression bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen einschließlich cerebraler Ischämien, Amyotropher Lateralsklerose, frontotemporaler Demenz, Alzheimer Demenz und Multipler Sklerose sowie Epilepsie zur Verfügung steht. Dadurch ergibt sich eine Vielzahl von aktuell laufenden und zukünftigen Studienprojekten.