Alkoholkonsum und depressive Symptome

Welche Rolle spielt Alkoholkonsum für depressive Symptome?

Die meisten Menschen erleben von Zeit zu Zeit depressive Symptome. Die aktuelle Studie von Dr. Diana Gürtler und Kolleg*innen, veröffentlicht in der hochrangigen Fachzeitschrift Addiction, beschäftigte sich mit dem Zusammenhang von Alkoholkonsum und depressiven Symptomen.

Übermäßiger Alkoholkonsum stellt weltweit ein großes Gesundheitsrisiko dar. Allein in Deutschland sind über 1 Million Menschen von Alkoholmissbrauch und fast 2 Millionen Menschen von Alkoholabhängigkeit betroffen. Zu den Folgen von übermäßigen Alkoholkonsum gehören neben Leber-, Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen auch Nervenschäden, Angstzustände und depressive Symptome, wie Lustlosigkeit und Reizbarkeit. Entwickelt sich aus letzteren eine schwere Depression, führt dies oftmals in einen Teufelskreis, denn Alkohol kann kurzfristig die Stimmung heben und Ängste abbauen, doch auf lange Sicht werden Probleme und Stimmungstiefs verstärkt.

Zur Verbesserung von Präventions- und Behandlungsangeboten ist es notwendig, die genauen Wirkmechanismen zwischen Alkoholkonsum und Depressionen zu verstehen. Die jetzt erschienene Publikation von Gürtler und Kolleg*innen leistet hierzu einen Beitrag. In einer durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Studie wurden 2017 und 2018 an drei Standorten (Greifswald, Lübeck und Tübingen) 13.763 Patient*innen in Hausarztpraxen und Allgemeinkrankenhäusern befragt. Die Patient*innen wurden abhängig von folgenden Trinkgewohnheiten in sechs Gruppen eingeteilt: Trinkhäufigkeit, Trinkmenge und die Häufigkeit des sogenannten Rauschkonsums (dieser gilt bei Frauen ab 4, bei Männern ab 5 alkoholischen Getränken).

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass in der Gruppe, in der am häufigsten und am meisten Alkohol konsumiert wurde, Frauen und Männer im erhöhten Maße depressive Stimmungen, Appetitveränderungen, Schuld oder motorische Veränderungen erlebten. Aber auch eine zweite Gruppe wies eine erhöhte Depressivität auf - wenn auch im geringeren Maße: Personen dieser Gruppe tranken - verglichen mit allen anderen Gruppen – seltener Alkohol (höchstens einmal im Monat). Wenn sie aber Alkohol tranken, lag ihre typische Menge bei mindestens 3-4 alkoholischen Getränken. Männer in dieser Gruppe erlebten in den letzten 12 Monaten im erhöhten Maße Freudlosigkeit, Müdigkeit oder Schlafstörungen. Frauen in dieser Gruppe erlebten zusätzlich zu diesen Symptomen depressive Verstimmungen, Schuldgefühle oder Konzentrationsschwierigkeiten. Diese Ergebnisse zeigten sich unabhängig vom Alter, Familienstand, Bildung, Rauchen oder der körperlichen Aktivität der Personen.

Die Befunde machen deutlich, dass sich depressive Symptome nicht nur bei Menschen mit starken Alkoholproblemen gehäuft zeigen, sondern auch bei Menschen mit gelegentlichem, dann aber recht hohem Alkoholkonsum. Bei der Art der depressiven Symptome scheint außerdem das Geschlecht eine entscheidende Rolle zu spielen.

 

Publikation
Gürtler D, Moehring A, Krause K, Tomczyk S, Freyer-Adam J, Baumann S, Bischof G, Rumpf H-J, Batra A, Wurm S, John U, Meyer C
Latent alcohol use patterns and their link to depressive symptomatology in medical care patients
ADDICTION (open access) 2021; 116(5): 1063-1073, https://doi.org/10.1111/add.15261


Ansprechpartnerin
Dr. Diana Gürtler
Abteilung für Präventionsforschung und Sozialmedizin
Institut für Community Medicine Universitätsmedizin Greifswald
diana.guertler@med.uni-greifswald.de