Unser objektives Gangbild hängt mit unserer Sicht auf das Älterwerden zusammen

Eine positive Sicht auf das Älterwerden kann dabei helfen, gesund und fit zu bleiben. Eine neue Untersuchung von Anne Blawert und Kolleg*innen geht der Frage nach, inwieweit eine positive Sicht auf das Älterwerden auch mit dem objektiven Gangbild älterer Menschen zusammenhängt.

 

Eine gute körperliche Gesundheit nimmt für das Wohlbefinden und die Bewältigung des Alltags eines jeden Menschen einen zentralen Stellenwert ein. Mit zunehmendem Alter steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit von Muskelabbau und Bewegungseinschränkungen, teilweise bedingt durch Bewegungsmangel, Krankheiten oder altersassoziierte Veränderungen. Dadurch kann es zu einem unsicheren Gangbild kommen. Stürze können die Folge sein. Dies kann ein selbständiges Leben im Alter gefährden.

Die aktuell erschienene Studie untersucht die Rolle einer positiven Sicht auf das Älterwerden für das objektive Gangbild älterer Menschen: Haben Menschen mit einer positiven Sicht möglicherweise einen stabileren und sicheren Gang? Bekannt ist bisher aus Studien, in denen die Gesundheit per Selbstbericht erfragt wurde, dass die Gesundheit damit zusammenhängt, wie Menschen ihr Älterwerden wahrnehmen. Personen, die ihr Älterwerden eher mit körperlichen Verlusten verbinden, entwickeln im Zeitverlauf eine schlechtere Gesundheit und mehr Einschränkungen der körperlichen Funktion als Menschen, die das Älterwerden mit einer persönlichen Weiterentwicklung in Zusammenhang bringen. Das objektive Gangbild wurde bisher jedoch in keiner dieser Studien betrachtet.

Für die Bestimmung des Gangbildes wurden deshalb 150 Proband*innen im Alter ab 70 Jahren gebeten, über einen mit Sensoren ausgestatteten Ganganalyse-Teppich zu gehen – einmal unter der Bedingung, in ihrer normalen Ganggeschwindigkeit zu laufen und einmal so schnell, dass sie noch sicher gehen konnten. Die Sensoren haben dabei gemessen, wie gleichmäßig und schnell die Personen gegangen sind.

Anhand der gemessenen Gangparameter zeigt sich zunächst, dass es zwei Gruppen von Personen gibt. Innerhalb jeder Gruppe ähneln sich die Personen im Gangbild. Die erste Gruppe ist funktional eingeschränkter und geht unregelmäßiger. Die zweite Gruppe ist fitter und geht stabiler.

Unter der Bedingung, in normaler Ganggeschwindigkeit zu laufen, wird deutlich, dass ältere Menschen mit einer verlustbasierten Sicht auf das Älterwerden häufiger zur Gruppe funktional eingeschränkter Personen zählen. Unter der Bedingung, möglichst schnell und zugleich sicher zu laufen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit zur fitteren Gruppe zu gehören, allerdings nur, wenn das Älterwerden mit persönlicher Weiterentwicklung verbunden wird.

Die Studie von Anne Blawert und Kolleg*innen kann damit erstmals zeigen, dass Personen mit einer gewinnorientierten Sicht auf das eigene Älterwerden in der Lage sind, körperliche Ressourcen zu mobilisieren und auch unter schwierigeren Bedingungen sicher zu gehen. Wer hingegen sein Älterwerden eher mit körperlichen Verlusten verbindet, hat auch ein objektiv messbar schlechteres Gangbild. Zugleich bestätigt die Studie damit Ergebnisse früherer Studien, wonach die Wahrnehmung des eigenen Älterwerdens mit der Aufrechterhaltung körperlicher Funktionen zusammenhängt.

 

Publikation
Blawert A, Krumpoch S, Freiberger E, Wurm S
Domain-specific self-perceptions of aging are associated with different gait patterns in older adults: a cross-sectional latent profile analysis. BMC GERIATRICS. (open access) 2021; 21(1):392.

 

Ansprechpartnerin
Anne Blawert, M.Sc.
Institut für Community Medicine, Abteilung für Präventionsforschung und Sozialmedizin
Universitätsmedizin Greifswald
anne.blawert@med.uni-greifswald.de