Zuverlässigkeit von Fragebögen zur Erfassung von Depression

Sind Skalenwerte über mehrere Zeitpunkte hinweg vergleichbar?

Zur Erforschung gesundheitsrelevanter Verhaltensweisen und psychischer Belastung in der Bevölkerung werden in Forschungsstudien u. a. Fragebögen eingesetzt. Diese müssen zuverlässig die gewünschten Merkmale erfassen, damit die Ergebnisse korrekt interpretiert werden können. Die aktuelle Studie von Anne Möhring und Kolleg*innen beschäftigte sich mit dieser messmethodischen Frage.


Depression gehört zu den weltweit größten Gesundheitsrisiken. Allein in Deutschland erkranken jährlich etwa fünf Millionen Menschen an einer Depression. Um eine Depression rechtzeitig erkennen zu können und damit die Heilungschancen zu verbessern, wird im Gesundheitswesen häufig der Fragebogen „Patient Health Questionnaire (PHQ-8)“ zur Früherkennung von Erkrankungen eingesetzt. Dieser PHQ-8 Fragebogen wurde auch im Rahmen des Forschungsprojektes eingesetzt, das die Grundlage der aktuellen Studie bildete.

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurde die Wirksamkeit von verschiedenen Kurzinterventionen zur Vermeidung bevölkerungsrelevanter Gesundheitsrisiken untersucht. Dazu wurden zwischen 2017 und 2018 an drei Standorten (Greifswald, Lübeck und Tübingen) insgesamt 13.763 Patienten in Hausarztpraxen und Allgemeinkrankenhäusern mit Hilfe des Fragebogens PHQ-8 befragt. Anschließend nahmen 588 dieser Personen an einer weiterführenden Intervention zu problematischem Alkoholkonsum und Depression teil und wurden per Zufallsverfahren in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe erhielt innerhalb von 12 Monaten zu vier Zeitpunkten eine Intervention zu Alkoholkonsum und Depression. Die zweite Gruppe diente zur Kontrolle und erhielt keine Intervention.

Die jetzt erschienene Publikation von Dr. Anne Möhring und Kolleg*innen wertet Ergebnisse dieser Studie aus. Schwerpunkt der Auswertungen ist die Überprüfung des PHQ-8 im Hinblick auf seine Zuverlässigkeit zur Erfassung depressiver Symptome über den 12-Monats-Zeitraum sowie zwischen den beiden Studiengruppen. Insgesamt lassen die Ergebnisse dieser Analysen den Schluss zu, dass der Fragebogen PHQ-8 zuverlässig für Vergleiche über verschiedene Zeitpunkte und zwischen unterschiedlichen Gruppen verwendet werden kann, solange die Bedingungen zu den einzelnen Messzeitpunkten nicht zu sehr variieren. Vergleiche über verschiedene Zeitpunkte und zwischen unterschiedlichen Gruppen sind allerdings nur begrenzt interpretierbar, wenn die Ausfüllbedingungen zu stark variieren, z. B. wenn Teilnehmer zum ersten Zeitpunkt die Fragen selbstständig im Krankenhaus oder in der Arztpraxis auf einem iPad ausfüllen, zu einem späteren Zeitpunkt jedoch telefonisch interviewt werden. Die Befunde machen deutlich, dass bei ähnlicher Erhebungsform der PHQ-8 ein zuverlässiges Instrument zur Erfassung von Depression über verschiedene Messzeitpunkte hinweg ist.


Publikation
Möhring A, Gürtler D, Krause K, Bischof G, Rumpf H, Batra A, Wurm S, John U, Meyer C
Longitudinal measurement invariance of the patient health questionnaire in a German sample.
BMC PSYCHIATRY. (open access) 2021; 21(1):386.


Ansprechpartnerin
Dr. Anne Möhring
Abteilung für Präventionsforschung und Sozialmedizin, Institut für Community Medicine Universitätsmedizin Greifswald
anne.moehring@med.uni-greifswald.de