Seite 21 - UKG live - Mitarbeiterzeitung 3 | 2012

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Silas Eltern aus Greifswald waren bestürzt.
Ende letzten Jahres wurde bei der Mutter
schon vor Ende der ersten Schwanger-
schaftshälfte festgestellt, dass das Frucht-
wasser immer mehr abnahm. Das Frucht-
wasser ist jedoch eine Voraussetzung für
die normale Lungenentwicklung. Ärzte
rieten der jungen Frau zum Abbruch der
Schwangerschaft. Dies lehnten die Eltern
jedoch ab und wollten dazu eine zwei-
te Meinung in der Universitätsmedizin
Greifswald einholen.
Wir haben eine MRT-Untersuchung von
Silas' Lunge noch im Mutterleib durch-
geführt“, erläuterte der Abteilungsleiter
Neonatologie und Pädiatrische Intensiv-
medizin, Prof. Matthias Heckmann. „Auf
der Aufnahme war eine Lungengröße von
weniger als 50 Prozent des Normalwertes
zu erkennen. Damit war der Kleine ein Mi-
nimum, ein Bruchteil von der Grenze zur
Aussichtslosigkeit entfernt. Trotz wenig
verheißungsvoller Prognose beschlossen
wir, mit Verstärkung der Universität Mann-
heim, die Eltern in ihrem Kampf um das
Leben von Silas zu unterstützen“, sagte
der Frühchenexperte.
Silas kam elf Wochen zu früh auf die Welt.
Seine Lunge war sehr krank, besserte sich
aber unter der Behandlung viel schnel-
HighTech für die Kleinsten sorgt dafür, dass sich die Überlebenschancen für Frühchen deutlich
verbessern. Die Universitätsmedizin verfügt jetzt über zwölf hochmoderne Beatmungsstationen in der
Abteilung Neonatologie und Kinderintensivmedizin. Die neue Technik hat auch Silas Leben gerettet.
lebensnah
ler, als die Voruntersuchungen erwarten
ließen. „Dank Hochfrequenzoszillations-
beatmung und anderer spezieller intensiv-
medizinischer Maßnahmen hat Silas nicht
nur überlebt, sondern konnte mit gesun-
der Lunge und ohne künstliche Beatmung
nach Hause entlassen werden.“ Auf dem
Frühchentreff im Juni im Naturerlebnis-
park Gristow nahm Silas dann schon mit
seinen Eltern und vielen anderen Familien
teil, die ähnliche Erfahrungen aufgrund
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einer zu frühen Geburt gemacht haben.
Bis zu 600 Mini-Atemzüge pro Minute
Die Universitätsmedizin in Greifswald hat
die Abteilung Neonatologie und Pädia-
trische Intensivmedizin mit insgesamt
zwölf nagelneuen Beatmungsgeräten des
Marktführers Dräger ausgestattet. „Die
neuen Geräte, die wir vorher schon als
Leihgeräte im Einsatz hatten, verfügen
über viele Vorteile für die kleinen Patien-
ten“, so Heckmann. „So erkennen diese
Geräte automatisch und noch feinfühliger
als bisher die eigenen Atembemühungen
der Kinder und unterstützen diese nur
soweit, wie es wirklich nötig ist. Zudem
kann nun an jedem Beatmungsplatz ei-
nes Frühgeborenen direkt zwischen einer
normalen Beatmung, die die Atmung des
Kindes nachahmt, und einer sogenannten
Hochfrequenzoszillation mit bis zu 600 Mi-
ni-Atemzügen pro Minute umgeschaltet
werden.“ Zum Vergleich: Ein Erwachsener
atmet 10 bis 15 mal pro Minute, ein gesun-
des Neugeborenes ungefähr 60 mal. „Die
Schwingungsbeatmung schont die emp-
findlichen und noch nicht ausgebildeten
Lungen der Frühchen.“
Das Team der Neonatologie im Perinatal-
zentrum der höchsten Versorgungsstufe
Level 1 in Greifswald ist seit vielen Jahren
auf alle Beatmungsformen bei Frühchen
spezialisiert. Im Eltern-Kind-Zentrum mit
zwölf Intensivplätzen werden jährlich bis
zu 150 Frühgeborene aus ganz Vorpom-
mern betreut, davon 40 bis 50 mit einem
Gewicht unter 1.500 Gramm. Auch das
Extrem-Frühchen Paulina (22. Woche) und
der leichteste jemals in M-V geborene Jun-
ge (335 g) sind in der Greifswalder Univer-
sitätsmedizin erfolgreich betreut worden.
cys
Silas lebt
In den letzten Sommerwochen wurden sehr viele kleine Frühgeborene,
davon sechs mit einem Geburtsgewicht unter 1.000 g, gleichzeitig auf der
Station versorgt. Dank der neuen Geräte gibt es nun keine Engpässe mehr.
Prof. Matthias Heckmann