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UMG
live
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|2012
qualität
Wer mit offenen Augen durchs Klinikum läuft, dem fällt auf, dass das Grüßen unter Kollegen oder
gegenüber Patienten eher eine Seltenheit geworden ist. Es gab sogar schon Selbsttests von einigen
Mitarbeitern: Sie versuchten, jede entgegenkommende Person freundlich zu grüßen – und scheiterten
kläglich. Ist es wirklich so schwierig, die einfachsten Regeln der Höflichkeit einzuhalten? Wir fragten
die Expertin für Servicequalität, Andrea Fischer von der TUI Service Agentur, um Rat.
Ein Plädoyer für mehr Freundlichkeit
Wir alle wissen, dass der Patient, der ge-
plant oder akut in ein Krankenhaus kommt,
mehr ist als seine kranke Stelle. Dass die
medizinische und pflege-
rische Leistung einwand-
frei ist, ist sehr wichtig
und wird auch von allen
Beteiligten
fokussiert.
Was jedoch meist ver-
nachlässigt wird, ist der
emotionale und kommu-
nikative Aspekt des Patienten. Es geht um
Wohlfühlfaktoren, um das Gefühl, auch
mit seinen Ängsten und Unsicherheiten
gesehen und gehört zu werden.
Damit sind wir bei den Begriffen „Ser-
viceorientierung und Freundlichkeit“. Ge-
hen wir nicht lieber alle dorthin, wo wir
freundlich behandelt werden, egal ob in
ein Geschäft, Hotel oder Krankenhaus?
Dorthin, wo wir freundlich begrüßt wer-
den, vielleicht sogar mit Namen, weil man
uns kennt? Dorthin, wo man sich freut,
dass wir da sind und ein offenes Ohr für
unsere Belange hat? Dorthin, wo man sich
Zeit nimmt und sich bedankt, dass wir da
waren? Vermutlich schon. Freundlichkeit
in unserem Verhalten und in unserer Spra-
che bedeutet auch Glaubhaftigkeit und
das Schaffen von Vertrauen. Für Patienten
ist es wichtig, dieses Vertrauen zu haben
und zu entwickeln. Durch Freundlichkeit
signalisierenwir den Patienten, dass wir sie
und die Krankheit ernst nehmen. Freund-
lichkeit ist mehr als Grüßen und Lächeln.
Sie ist die Grundlage für den täglichen
Umgang mit Menschen, das Fundament,
um eine gute Dienstleistung zu erbringen.
Jeder Kontakt, sei es mit Patienten, Kun-
den, Kollegen oder Besuchern, entschei-
det über den Erfolg des Mitarbeiters und
damit über den Erfolg der Klinik. Oft in
wenigen Sekunden! Faktoren wie Höf-
lichkeit, Interesse, Mitmenschlichkeit,
Wertschätzung sind es, die die Bindung
zur Klinik herstellen und festigen. Freund-
lichkeit und Serviceorientierung sind Ver-
haltensweisen, die wir
uns alle wünschen – und
sehr einfach umsetzen
können. Dies bedeutet für
uns, unsere Mitmenschen
zu verstehen, auf ihre Be-
dürfnisse einzugehen, sie
zu (be-) achten und wert
zu schätzen, sie ehrlich anzulächeln und
ihnen das zu geben, was sie wirklich be-
nötigen. Positiver Nebeneffekt: Es macht
auch den, der gibt, glücklich.
Servicequalität und Wertschätzung sind
Grundeinstellungen, die sich im gespro-
chenen Wort und in der Körpersprache
wiederfinden, und so von allen gelesen
werden können. Freundlichkeit ist die
größte ungenutzte Kapitalreserve und
gleichzeitig die günstigste. Und für jeden
machbar!
Andrea Fischer
TUI Service Akademie
Leitung Training und Beratung
Dorothea Firtzlaff vom Empfang im
Klinikumsneubau hilft gerne weiter.
Die veränderten Ansprüche an die medizinisch-
pflegerische Behandlung werden begleitet von
einem veränderten Anspruch an den Service im
Krankenhaus.“
(
Prof. Bostelaar, Universität Köln)