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Chiari-Malformation

Krankheitsbild

Der Begriff der „Chiari-Malformation“ leitet sich ab vom Namen des Erstbeschreibers Hans von Chiari (1851 – 1916), der als Ordinarius für Pathologische Anatomie an der Universität Prag im Jahr 1891 verschiedene Veränderungen des Kleinhirns, die überwiegend mit einem Hydrozephalus assoziiert waren, beschrieb. In der ursprünglichen Klassifikation wurden 4 Chiari-Typen beschrieben. Klinisch relevant in der heutigen Zeit sind die Chiari-Malformationen Typ I sowie die Chiari-Malformation Typ II.

 

Kaudalverlagerung der Kleinhirntonsillen max. bis zur Oberkante des 2. Halswirbelkörpers. Man geht davon aus, dass die Fehlbildung angeboren ist. Klinische Symptome entstehen vorrangig im jungen Erwachsenenalter bis 30 Jahre und bestehen überwiegend aus Kopfschmerzen im Hinterhauptsbereich, die bewegungs- und belastungsabhängig zunehmen können. Weitere Symptome sind Missempfindungen an Armen und Beinen, Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule, aber auch Lähmungen, z. B. eine Halbseitenlähmung, können auftreten. Die Chiari I-Malformation ist gelegentlich mit der Ausbildung einer Syringomyelie (s. dort) assoziiert.

 

Kaudalverlagerung der Kleinhirntonsillen bis in den Bereich der mittleren HWS (HW 2 – HW 4). Die Chiari II-Malformation ist insgesamt gekennzeichnet durch eine Kaudalverlagerung nicht nur der Kleinhirntonsillen, sondern auch des Hirnstammes, des 4. Ventrikels und der oberen Medulla oblongata (oberes Rückenmark). Die hintere Schädelgrube ist anatomisch klein angelegt und das Confluens sinuum (Venenzusammenfluss der großen Venen des Schädels) ist weit nach kaudal verlagert. Die Chiari II-Malformation ist fast immer vergesellschaftet mit dem Vorliegen einer Spina bifida, d. h. einer Bogenschluss-Fehlbildung der Wirbelsäule meistens im lumbalen Bereich. Daraus resultiert, dass Patienten mit einer Chiari II-Malformation häufig bereits wegen einer Spina bifida operativ behandelt werden mussten. Bei ca. 80 % der Patienten liegt auch ein behandlungspflichtiger Hydrozephalus vor. Auch die Chiari II-Fehlbildung kann mit einer Syringomyelie assoziiert sein.

 

Diagnostik

Die Diagnostik der Wahl ist die Kernspintomografie. Hier ist es vor allem in den T2-Wichtungen möglich, anatomische Varianten sowie den Grad der Kompression des Rückenmarks im Hinterhauptsloch zu beurteilen. Darüber hinaus können kernspintomografisch assoziierte Veränderungen (z. B. Konustiefstand, Syringomyelie, tethered cord, Hydrozephalus) erkannt werden. Als elektrophysiologische Ergänzung zur Kernspintomografie dient die Ableitung von SSEPs (somatosensorisch evozierte Potentiale).

 

Therapie

Die Therapie der Wahl besteht darin, dass eine Dekompression vorgenommen wird in dem Bereich, in dem die Kleinhirntonsillen im Spinalkanal auf das obere Rückenmark und den unteren Hirnstamm drücken. Dies geschieht durch eine suboccipitale Kraniektomie (Knochenentfernung im Bereich des Hinterhauptes). Durch diese Maßnahme wird der knöcherne Durchtritt vom Gehirn zum Rückenmark erweitert. In der Regel schließt sich eine Laminektomie (Entfernung des Wirbelbogens) für den 1. Halswirbelkörper und bei Chiari II-Malformation evtl. auch für den 2. Halswirbelkörper an. Auch dies dient der knöchernen Dekompression. Nach der Durchtrennung oder Lösung äußerer, mit der harten Hirnhaut bzw. harten Rückenmarkshaut assoziierter Membranen oder Narbenstränge wird die Dura eröffnet. Die Kleinhirntonsillen werden mobilisiert und von möglichen arachnoidalen Verwachsungen und Verklebungen befreit. Ziel ist es, einen freien Liquorfluss aus dem 4. Ventrikel in den Spinalkanal, aber auch im Bereich des Subarachnoidalraums wiederherzustellen. Gegebenenfalls ist dafür mikrochirurgisch die Teilresektion oder Resektion einer der beiden Kleinhirntonsillen erforderlich. Nach ausreichender interner Dekompression wird abschließend eine Duraerweiterungsplastik auf die eröffnete harte Hirnhaut/Rückenmarkshaut aufgenäht. Auch diese Maßnahme dient der Erweiterung des Übergangs vom Schädel zur Wirbelsäule bzw. des Übergangs vom Gehirn zum Rückenmark, in dem sich die Chiari-Fehlbildung befindet. Die Duraplastik wird vorzugsweise aus körpereigenem Material, das man beim Operationszugang gewinnt (z. B. Knochenhaut), angefertigt. In seltenen Fällen ist die Nutzung eines Duraersatzpräparates erforderlich.

 

1. Fallbeispiel

Eine 28-jährige Patientin präsentierte sich mit rechtsseitigen Körperschmerzen, die im Laufe einiger Wochen deutlich zunahmen. Parallel dazu entwickelte sich eine Hemiparese (Halbseitenlähmung). Nach Durchführung umfangreicher neurologischer und bildmorphologischer Diagnostik wurde eine Chiari I-Fehlbildung mit Tonsillentiefstand und Kompression des oberen Rückenmarks festgestellt. Im Zuge einer Dekompressionsoperation wurde eine knöcherne Erweiterung des Hinterhauptslochs sowie eine Laminektomie (Entfernung des Wirbelbogens) HW 1 vorgenommen. Nach Duraeröffnung erfolgten die Mobilisierung der Kleinhirntonsillen und die Resektion einer Tonsille. Nach Etablierung eines freien Nervenwasserflusses aus dem 4. Ventrikel in den spinalen Subarachnoidalraum wurde mit körpereigenem Material eine Duraplastik angefertigt und wasserdicht aufgenäht. Die Hemiparese und die Schmerzen im Hinterhauptsbereich haben sich nach der Operation zurückgebildet.

Abb. 3: Links: MRT in sagittaler Ebene vor der OP, Rechts: MRT postoperativ, hinter dem Kleinhirn und im Foramen magnum ist jetzt ein deutliches Liquorsignal zu sehen

 

2. Fallbeispiel

Die 32-jährige Patientin klagte seit etwa 8 Jahren über stärkere Kopfschmerzattacken insbesondere im Nackenbereich, sowie einer fortschreitende Gangataxie. In der MRT-Bildgebung zeigte sich eine Chiari-Malformation mit deutlichem Tonsillentiefstand, wodurch sich eine klare OP-Indikation ergab.

 

 

Bildgebung vor der OP

Intraoperative Bilder

Bildgebung nach der OP

Ergebnis

Die Patientin konnte nach etwa einer Woche aus der stationären Behandlung entlassen werden und ist heute absolut beschwerdefrei.

 

 

 

 

Für Rückfragen oder Patientenanmeldungen nehmen Sie bitte Kontakt auf mit

Prof. Dr. med. Henry W. S. Schroeder, Tel.: 03834-86-6162,

Fax: 03834-86-6164, E-Mail: Henry.Schroeder@uni-greifswald.de



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