Greifswalder Ärzt*innen zu Besuch in Nigeria

Die Bevölkerung von Nigeria soll deutlich besser mit Blutkonserven versorgt werden. Mit diesem Ziel arbeiten das Institut für Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald und das Aminu Kano Teaching Hospital in Nigeria seit 2016 zusammen.

Die medizinische Versorgung hat sich in den letzten Jahrzehnten in Nigeria deutlich verbessert. Jetzt sind Behandlungen und Operationen möglich, die vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen wären. Allerdings werden hierfür Bluttransfusionen gebraucht, um Patient*innen während der kritischen Phase zu unterstützen. Auch in diesem Jahr werden Ärzt*innen aus Greifswald wieder nach Nigeria reisen.

Bislang konnten Ärzt*innen in Nigeria lediglich auf die AB0- und Rhesus D Blutgruppen testen. Eine erweiterte Rhesustypisierung, um Blutspender*innen und Empfänger*innen besser aufeinander abzustimmen, war nicht möglich. Durch die Deutsch-Nigerianische Klinikpartnerschaft hat sich das maßgeblich geändert. Mentor des Projekts ist Prof. Andreas Greinacher, Leiter des Institutes für Transfusionsmedizin der UMG. Zum Greifswalder Team gehören Dr. Kathleen Selleng, Oberärztin am Institut für Transfusionsmedizin, und Sophie Reichelt, die als Sozialwissenschaftlerin langjährige Erfahrung in der Arbeit in Afrika einbringt. Das Team ist seit 2017 jährlich im nigerianischen Kano, um sich vor Ort einen Eindruck zur aktuellen Situation des Bluttransfusionssystems zu machen. Dazwischen treffen sich die Ärzt*innen aus den beiden Universitäten regelmäßig per Zoom-Konferenz. Mittlerweile ist viel passiert. So konnte zum Beispiel ein Qualitätsmanagement für das immunhämatologische Labor etabliert werden. Außerdem werden im Aminu Kano Teaching Hospital auch für die Labore anderer Krankenhäuser der Region Schulungen angeboten. Nicht zuletzt wurde eine Methode eingeführt, mit der weitere Blutgruppen der Patient*innen getestet werden können – und das zu weniger als 5% der Kosten der bislang verfügbaren Methoden. Damit wird eine bessere Abgleichung von Blutspender*innen und Empfänger*innen auch in Nigeria finanzierbar.

In einem aktuellen Bericht der American Society of Hematology heißt es, das Projekt sei ein Paradebeispiel für eine gelungene und kontinuierliche Mentor-Mentee-Beziehung. Prof. Greinacher habe dadurch nicht nur für Kano, sondern für ganz Nigeria viel getan.

 

Am Krankenhaus in Kano ist inzwischen das erste Zentrum in Nigeria entstanden, das in der Lage ist, erweiterte Blutgruppenbestimmungen durchzuführen. Im August 2023 wird die Greifswalder Delegation erneut in Kano sein. Dann werden die nächsten Ziele gesteckt: So soll ein Kompetenzzentrum für Nigeria entstehen, das langfristig auch bundesstaatübergreifend Ärzt*innen in der Transfusionsmedizin ausbildet, um Patient*innen sicheres und verträgliches Blut zur Verfügung zu stellen.

Eindrücke vom Besuch in Kano

2016 wurde der Grundstein für die Kooperation gelegt

Alles begann 2016 mit einem Antrag an die American Society of Hematology. Dieser strebte ein effizientes krankenhausbasiertes Bluttransfusionssystem in Nigeria an. Ein besonderer Schwerpunkt lag in der Einführung einer kostengünstigen Methode zur erweiterten Blutgruppenbestimmung. Die UMG begleitete das Projekt von Anfang an. So konnten 2018 zwei Ärzt*innen aus Nigeria eine dreimonatige Ausbildung in der hiesigen Transfusionsmedizin von Prof. Greinacher absolvieren. Durch diesen Wissenstransfer erfolgten schnell praktische Umsetzungen in Nigeria. Die Verwaltung von Bluttransfusionsdiensten und eine präzise Dokumentation von Patienteninformationen gehörten ebenso zu den Maßnahmen wie eine verbesserte Koordinierung von Blutkonserven im Gebiet Kano und die Schulung von Mitarbeiter*innen.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und die Else Kröner Fresenius Stiftung haben 2016 die Klinikpartnerschaften gegründet. Die langfristigen und nachhaltigen Partnerschaften tragen zur Stärkung der Gesundheitssysteme bei. Durchgeführt wird das Förderprogramm von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, die seit 2018 auch die Partnerschaft zwischen der UMG und dem Aminu Kano Teaching Hospital fördert. Gegenseitige Besuche festigen nicht nur die persönlichen Beziehungen, sondern unterstützen wesentlich den Progress der Projekte durch die Abstimmung mit den lokalen Gesundheitspolitikern. „Wir haben wesentliche Lücken im Transfusionsdienst identifizieren und anschließend eine Reihe von Empfehlungen geben können“, erinnert sich Prof. Greinacher zurück. Die Kolleg*innen in Kano haben diese aufgegriffen und systematisch mit ihren eigenen Mitteln Verbesserungen umgesetzt. Dadurch ist das Projekt sehr nachhaltig geworden. Die Veränderungen wurden in Kano selbst umgesetzt und sind nicht mehr von Fördergeldern abhängig.

Im Oktober 2022 kam die Kanzlerin der Medizin Fakultät in Kano, die als Transfusionsmedizinerin maßgeblich im Projekt eingebunden ist, nach Greifswald. Bei dieser Gelegenheit wurde ein Kooperationsvertrag zwischen beiden Universitäten geschlossen.

Nachdem die Patientenversorgung verbessert wurde, ist jetzt auch geplant, die wissenschaftliche Arbeit in Nigeria zu fördern – unterstützt mit 300.000 Euro durch das GIZ-Förderprogramm Klinikpartnerschaften Academic.

Ab August 2023 soll in Kano über ein Jahr untersucht werden, wer in Kano Blut spendet und für welche Patienten das Blut gebraucht wird.