25
UMG
live
4|2013
frohes fest!
Bis ins heiratsfähige Alter erhält man ihnen den Glauben an den
Weihnachtsmann doch nicht! Dann haben sie längst eine Menge
anderer Glauben gehabt. Und später, wenn sie längst eingese-
hen haben, dass nur Liebe der Eltern es war, was ihnen einst die
strahlenden Stunden der Weihnacht bescherte, dann werden sie
finden, dass Liebe in dieser greuelvollen Welt viel wunderbarer,
seltsamer und heiliger ist als ein Weihnachtsmann. Oh, wohl
vermag er zu wachsen mit zunehmenden Alter, der Glaube an
die Wunderkräfte der Welt! Die Wunder, welche der naive Sinn
schaut, sind ja nur Nürnberger Tand gegen die Wunder, welche
die weltbewanderte Seele ahnt!
Wie gesagt, man entfesselt ein Weihnachtsgespräch unter den
Kleinen. Das ist nicht schwer. „Was wünschst du dir?“ frag ich die
Kleinste.
„Ich wünsch mir ′ne Puppe, die schlafen und schreien und trinken
kann – aber richtig trinken! – und denn ′ne kleine Babyflasche mit
′nem kleinen niedlichen Lutscher auf, und ′ne ganz, ganz kleine,
süße Klingelbüchse. Ist das ungeschämt?“
„Nein, das ist nicht unverschämt. Was schenkst du mir denn?“
„Ja, was wünschst du dir?“
„Ja, wie viel Geld hast du denn in deinem Spartopf?“
„Mama, wie viel hab ich?“
„Fünfundachzig Pfennige.“
„Fünf′nachßig Fennig.“
„Na, dann wünsch ich mir ein großes, schönes Haus mit einem
großen, schönen Garten.“
„Mm. Und was noch mehr?“
„Und dann einen schönen Wagen mit zwei wunderschönen
Pferden davor!“
„O ja!! Und was noch?“
„Und ein großes Bauerngut mit lebendigen Pferden und Kühen
und Schweinen und Ferkeln – aber richtige Ferkel, mein′ ich, nicht
solche, wie ihr seid!“
„Nein! Und was denn noch?“
„Ja – wenn du mir dann noch einen Original-Böcklin schenken
willst –“
„Was?“
„Na lass nur, dazu reicht′s doch nicht.“
Dem Jungen brennt so ein Haupt- und Herzenswunsch auf der
Seele, das sieht man. In seinen Augen glüht so ein traumfernes
Entzücken.
„Was möchtest du denn haben?“
„Vater – sag erst mal, ob das Buch von Robinson teuer ist.“
„Furchtbar teuer.“
Sein Kopf sinkt auf die Brust.
„Aber es geht vielleicht – mal sehen.“
1...,15,16,17,18,19,20,21,22,23,24 26,27,28,29,30,31,32